Zugegeben, die Zeit des Honda Integra ist in Europa schon länger vorbei. Seit 20 Jahren um genau zu sein. 2001 wurde die letzten Integra Type R in Europa an Kunden ausgeliefert. Nur gerade vier Jahre konnte man den DC2 hierzulande kaufen. Das hier ausschliesslich als Type R erhältliche Coupé hat trotz seiner relativ kurzen Laufzeit auch in Europa Kult-Status erreicht.
Der Honda Integra in Europa
Der Integra Type R stand bei der Einführung in Europa im Jahr 1998 ziemlich schief in der Landschaft. Während die Mitbewerber edle, luxuriöse Coupés auf den Markt brachten, kam Honda mit einer Rennsemmel, die man so noch nicht gesehen hatte. Als «japanischer Manta» oder «bockhartes Bügelbrett» wurde er in der Fachpresse damals bezeichnet. Den Honda-Fans hat es gefallen. Der Mythos des «Type R» war in Europa angekommen. Sein Ruf eilte ihm Voraus. Als «schnellster Fronttrieblers der Welt» hat er auch die europäische Motorsportwelt auf den Kopf gestellt. Vor allem im Breitensport war der DC2 Ende der 90er plötzlich allgegenwärtig.
Die Geschichte des Integra
Dabei handelte es sich keineswegs um ein neues Modell. Honda und Acura führten den Integra bereits seit Mitte der 1980er-Jahre in ihrem Lineup. Dabei gab es nicht nur das Coupé. Der Integra wurde auch als viertürige Limousine verkauft. Die DC2-Baureihe war bereits die dritte Generation des Integra und sollte nicht die letzte sein.
Acura Integra der ersten Generation (1986) Acura Integra der zweiten Generation (1992)
Der Nachfolger DC5 kam 2001 auf den Markt. Die vierte Generation wurde nur noch als Coupé angeboten und hiess nur in Japan Integra. In den USA wurde der DC5 als Acura RSX verkauft. Nicht nur der der Name war Japan vorbehalten, auch die Type R-Variante. In Europa gab es den auf der gleichen Plattform aufgebauten Civic Type R EP3, aber der DC5R war schärfer und schneller als der in England gebaute Hot Hatch.
Honda Integra Type R Honda Integra Type R Facelift
Obwohl der DC5 im Jahr 2006 ohne Nachfolger auslief, blieb die Hoffnung, dass es irgendwann einen Nachfolger geben würde. Bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt, aber eben nicht immer. Die Träume der Integra-Fangemeinde platzten 2012, als Honda einen neuen Motorroller mit dem Namen Integra auf dem Markt brachten. Aus und vorbei! Das sportliche Coupé war Geschichte. Oder doch nicht?
Der Acura Integra ist zurück!
Wir kennen «one more thing» normalerweise von den Apple-Keynotes. Was in Cupertino funktioniert, kann man auch im 80 Kilometer südlich gelegenen Monterey machen – auch wenn man Acura und nicht Apple ist. Im Rahmen des jährlichen Auftritts an der Monterey Car Week im August erkläre Acura-Markenverantwortlicher Jon Ikeda zur Überraschung aller Anwesenden: «The Integra is back!».
Die frohe Kunde machte in den sozialen Netzwerken rasch die Runde. Das an Acura-Präsentation gezeigte Bild zeigte lediglich den Scheinwerfer. Das hielt die Honda-Comunity natürlich nicht davon ab wild zu spekulieren, wie der neue Integra aussehen und performen wird. Vom 2-Liter-Motor des FK8 war die Rede, von einem neuen Coupé, einige vermuteten gar, dass der neue Integra mit Allrad kommt.
Enthüllung des Acura Integra Prototype
Nun ist er also da, der neue Integra. Am Freitag enthüllt in Los Angeles. Das präsentierte Modell wird noch als Prototyp bezeichnet, dürfte aber ziemlich genau so auf den Markt kommen. Der neue Integra ist kein Coupé, hat keinen Allrad und auch nicht den Motor vom Civic Type R. Böse Zungen sagen, der neue Integra sei bloss ein 2022er Honda Civic Hatchback in Si-Konfiguration. Ganz falsch ist das natürlich nicht, trotzdem ist der neue Integra mehr als das.
Der 2023er Acura Integra ist nicht einfach ein Civic Re-Badge der parallel zum Honda verkauft wird. Nicht, dass das bei Honda/Acura nie gemacht worden wäre. Der zwischen 2005 und 2011 ausschliesslich in Kanada verkaufte Acura CSX war zum Beispiel praktisch eins zu eins ein Honda Civic Sedan der achten Generation, bloss mit Acura-Emblemen. Beim Integra ist das anders. Auch wenn er die Basis mit dem Civic Hatchback teilt, ist er doch ein eigenständiges Modell.
Obwohl Acura an der Präsentation des Prototyps nichts davon gesagt hat, dürfte der neue Integra der Nachfolger des Acura ILX sein. Der ILX wurde 2012 als Schwestermodell des Civic Sedan der neunten Generation eingeführt. Auch hier teilte sich der Acura die Plattform mit dem Honda, verfügte jedoch ebenfalls über ein eigenständiges Design. Der ILX befindet sich immer noch in der ersten Generation und wartet nach gut 10 Jahren dringend auf eine Ablösung. Das Modell wurde zwar in den vergangenen Jahren der neuen Designsprache von Acura angepasst, das ändert aber nichts daran, dass der ILX auf der vorletzten Civic-Generation basiert. Das sieht man im Innenraum deutlich.
Acura zielt mit der Wiederauflage des Integra auf eine junge Käuferschaft ab. Neben einem sportlichen Design zählen also auch die Freizeittauglichkeit und Variabilität. Mit einem Fünftürer spricht Acura damit diese Zielgruppe besser an als mit einem Sedan oder gar einem Coupé.
Design und Performance
Sportlichkeit wird weiterhin gross geschrieben. Dass Acura den Geist des DC2 wieder aufleben lassen will, macht schon die Farbe deutlich. Die Lackierung in Indy Yellow Pearl ist eine Hommage an das Phoenix Yellow des Integra Type R DC2 der 2000er- und 2001er-Baujahre (in der Schweiz Type R 2000). Der in Japan entworfene Integra fällt nicht nur wegen der Farbe auf auf. Die lange Motorhaube, kombiniert mit der nach hinten abfallenden Dachlinie, verleiht dem Liftback einen coupéhaften Auftritt.
Während das Heck filigran wirkt, überzeugt die Front mit einer bulligen Erscheinung. Der fünfeckige Kühlergrill und die dynamisch designten Scheinwerfer mit Chicane-Tagfahrleuchten und JewelEye-LED-Scheinwerfer lassen keinen Zweifel aufkommen, dass man einen Acura vor sich stehen hat. Ein kleines Detail, aber eines das zum Integra gehört, ist der in die Stossstangen geprägte Integra-Schriftzug. Die matt lackierten 19 Zoll-Felgen runden den sportlichen Auftritt ab.
Auch unter der Haube lässt sich Acura nicht lumpen. Der 1.5 Liter-Turbo-Motor leistet im Integra mindestens 200 PS. Das manuelle 6 Gang-Getriebe mit Sperrdifferential sorgt dafür, dass auf kurvigen Strecken Freude aufkommt. Eine grosse Bremsanlage von Brembo verspricht ordentliche Verzögerung. Ob die Brembo es allerdings ins Serienmodell schafft, lassen wir einmal offen.
Der neue Integra wird im Werk in Marysville im US-Bundesstaat Ohio gebaut. Der sportliche Liftback wird im zweiten Halbjahr 2022 zu einem Preis um 30'000 US-Dollar bei den Händlern in Nordamerika stehen. Ob es in Japan einen Honda Integra geben wird, ist noch nicht bekannt. Dass der neue Integra nicht nach Europa kommt, gilt allerdings bereits jetzt als sicher.
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Fotos: Acura/Honda